Kaligrafas (Novel)
Description
Vaizdingas ir subtiliai jaudinantis pasakojimas apie nenumaldomą troškimą gyventi, uždraustą meilę ir pastangas pabėgti nuo bado bei karo, apie skirtingų religinių krypčių susidūrimą ir islamo fundamentalistų kovą su vynu, muzika, šokiu, poezija bei joje glūdinčiomis tiesomis.
Po tėvo mirties tarp jo asmeninių daiktų aptiktas senovinis rankraštis tarsi perkelia pasakotoją į 1722 metų Iraną. Kelis amžius valdžiusi persų Safavidų dinastija pavertė savo sostinę Isfahaną gražiausiu pasaulyje miestu, jų palankumo siekė net turtingiausios Europos karalystės. Tačiau ilgainiui šacho galybei sumenkus prie miesto vartų stovinti laukinių afganų kariuomenė grasina jį užimti ir sunaikinti.
Rankraštyje pasakojama apie didžiojo Isfahano kaligrafo – seno sufijaus ir mistiko, dailiai perrašiusio didžiojo poeto Rumi veikalą, – vaikaitį Alahiarą. Mieste tikėjimo dogmas griežtai prižiūrintiems muloms Rumi knyga yra toks pat erezijos šaltinis kaip ir nedidelis kilimas, kuriame išausta pusnuogė moteris – prancūzė Mari Petit. Visi Isfahano vyrai dėl šio paveikslo eina iš proto, legendos apie jį audrina ir bręstančio Alahiaro vaizduotę.
Afganų apgulčiai užsitęsus ir pasibaigus maisto atsargoms mieste prasideda badmetis, žudynės tampa įprastiniu kasdienio gyvenimo elementu. Tačiau Alahiaras net ir sunkiausiomis akimirkomis išsaugo žmoniškumo kibirkštį. Jaunuolio širdyje liepsnojanti meilė neleidžia jam pasiduoti ir įkvepia jėgų kovai dėl išlikimo iki paskutinio atodūsio.
Amiras Hassanas Cheheltanas gimė Irano sostinėje Teherane, bet savo kūryba užsitraukęs režimo nemalonę su šeima persikėlė į Italiją. Nuo 2009 m. jau penkios jo knygos pasaulį išvydo vokiečių kalba. Paskutinio savo romano jis net nemėgino išleisti Irane, nes žinojo, kad dėl kūrinyje atskleidžiamo šiitų ir sunitų religinio konflikto bei meniškai nutapytų drąsių meilės scenų neišvengs cenzūros arba paprasčiausiai negaus leidimo.
By Alma Littera
Reviews
Krieg, Wein und Schönschrift
22 July 2016Roman. das buch entführt in den iran des jahres 1722, als das land noch persien hieß. schon auf den ersten seiten taucht man ein in eine faszinierend fremde welt, begleitet den jungen protagonisten allahyâr auf seinen streifzügen über den basar von isfahan und begibt sich mit ihm ins haus eines christen, bei dem er heimlich wein kauft, den die muslimischen herrscher verboten haben. doch dem leser ist es nicht vergönnt, lange in morgenland-fantasien zu schwelgen: isfahan wird von »den barfüßigen afghanen« belagert, und in der stadt bricht eine hungersnot aus, die alle weiteren handlungen bestimmt.der autor amir hassan cheheltan, geboren in teheran, erstellt ein mosaik von isfahan: aus der ich-perspektive von allahyâr erzählt er von krieg, hunger und den abgründen der menschlichen seele – aber auch von liebe...
Der Schriftfälscher von Isfahan
24 May 2016In seinem neuen Roman nimmt uns Amir Hassan Cheheltan mit auf eine abenteuerliche Reise in das Isfahan des 18. Jahrhunderts, das von afghanischen Feinden belagert wird. Inmitten von Elend und Hunger dient die Kunst der Kalligraphie dem Romanhelden nicht nur zur Beschaffung dringend benötigter Nahrungsmittel. Sie steht auch symbolhaft für die Freiheit des Geistes.
Niemals wird Allahyar, der Enkel des Kalligraphen von Isfahan, die Schönschrift so vollkommen beherrschen wie sein Großvater. Der Großvater, dessen Ruhm über ganz Persien verbreitet ist, gilt gewissermaßen als schreibender Derwisch, als poetischer Sufi unter den Kalligraphen.
Wenn er die Gedichte Rumis in Schönschrift kopiert – einen der größten Dichter persischer Sprache aus dem 13. Jahrhundert –, treibt er in Wahrheit „ein Liebesspiel mit Buchstaben und Worten“. Seine Schrift ist „die Braut unter den Schönschriften“. Allahyar, der seinem Lehrmeister über die Schulter zusieht und viel von ihm lernt, bringt es zwar später nicht zur gleichen Meisterschaft, doch er setzt den Kampf des Großvaters gegen die kunst- und sinnenfeindliche Geistlichkeit nach dessen Tod beherzt fort.
Schriftfälscher aus Not
In Isfahan, der ehemals prächtigen Hauptstadt der Safawiden, ist das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen, das Leid der Bevölkerung ist unermesslich. Schwach und hilflos sehen die Herrschenden der Belagerung durch die sunnitischen Afghanen zu. Allahyar wird zum Schriftfälscher aus Not, um sich und seiner schutzlosen Geliebten das Überleben zu sichern. Listig imitiert er die Meisterwerke seines Großvaters und tauscht sie ein gegen begehrte Naturalien wie Mehl und Datteln, die während der großen Hungersnot schier unbezahlbar sind.
Doch ein anderer Plan führt ihn direkt bis in den Palast des obersten Geistlichen, dem er ein kalligraphisches Meisterwerk eines anderen, streng gläubigen persischen Dichters verspricht. Eigentlich aber hat er die Absicht den Geistlichen zu töten. Die Szene, in der Allahyar dem „Obermolla“ gegenübertritt – dem Todfeind seines Großvaters – gehört zu den spannendsten Kapiteln des Romans.
Die Handlung des Romans reicht jedoch über das Thema der Kalligraphie hinaus, indem Cheheltan auch europäische Geschichte ins Geschehen mit hinein verwebt. So ist Allahyar schon äußerlich von den Menschen seiner Umgebung unterschieden, er ist „ein Bastard mit blauen Augen und goldblondem Haar“ inmitten dunkelhaariger, braunäugiger Menschen, wofür er selbst bis zu seinem 18. Geburtstag keine Erklärung hat. Warum er nicht in seinem Elternhaus, sondern bei den Großeltern aufwuchs, weiß er bis kurz vor dem Tod des Großvaters ebenso wenig, wie er etwas von der Identität seiner Mutter ahnt.
Der verbotene Teppich der Begierde
Das Verschweigen hat seinen Grund: Ein Künstler hat das Porträt von Allahyars Mutter in einem geheimnisvollen Teppich verewigt, über dessen Existenz zwar viele Gerüchte kursieren, von dessen Verbleib aber niemand Genaueres zu wissen scheint. Das verführerische Bild der „Fränkin“ gilt als anrüchig – war sie doch eine Mätresse des „Sonnenkönigs“ Ludwigs des XIV., die zusammen mit einer Gesandtschaft des Hofes nach Persien kam. Auf dieser Reise traf sie auf Allahyars zukünftigen Vater, mit dem sie eine kurze, folgenreiche Liebschaft hatte.
Diese so märchenhaft klingende Genealogie des Helden wird im Vorwort des Romans sogar noch bekräftigt. Für die rätselhafte „Fränkin“ hat es in der tatsächlichen Geschichte ein reales Vorbild gegeben: Marie Petit, eine Kurtisane des Königs, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit einer französischen Delegation an den persischen Hof entsandt worden war. In diesem Vorwort berichtet uns der Autor auch über einen geheimnisvollen Manuskriptfund, zu dem er anlässlich einer Trauerfeier im Familienkreis gekommen sei. Er habe auf diesem Weg erst erfahren, dass es in seinem eigenen Stammbaum eine Französin gegeben habe. Das Manuskript wiederum, das er bei den Unterlagen seines Vaters gefunden habe, sei eben jener Roman über den Kalligraphen von Isfahan.
Zwischen Realität und Fiktion
Mit dieser Rahmensetzung bedient sich Cheheltan eines Tricks, der aus vielen Beispielen der Literaturgeschichte bekannt ist. Ein Spiel mit Realität und Fiktion, das es ihm ermöglicht, Orient und Okzident meisterhaft in Verbindung zu setzen, was seinem episodenreichen, komplexen Roman einen breiteren thematischen Horizont verleiht.
Für Allahyar bedeutet seine „unordentliche“ Herkunft aus dem Kurtisanen- und Spielermilieu (die „Fränkin“ betrieb angeblich ein Spielcasino in Paris), dass er seine Wurzeln auch außerhalb des „Mollareichs“ finden muss. Die freiheitlichen Bestrebungen seines Großvaters werden für ihn zur Überlebensquelle, umso mehr als er den verbotenen Teppich der Fränkin in dessen eigenem Schrank findet.
Während Hunger und Verderben in der Stadt so mächtig sind, dass die Bewohner anfangen die Blätter von den Bäumen zur reißen, um sie zu essen, ja dass sie selbst kleine Kinder entführen, um sie zu verspeisen (Cheheltan spart nicht mit grausigen Details), wandelt Allahyar durch dieses Chaos wie durch einen Albtraum. Doch seine Außenseiterrolle als Erbe des Kalligraphen verleiht ihm immer wieder neue Kräfte, so dass er weiter bis zum Ende der Belagerung um jeden überlebensnotwendigen Sack Mehl feilschen kann, um daraus heimlich Brot zu backen.
Odyssee eines verzweifelten Einzelkämpfers
Der Roman ist eine grandios komponierte und sinnlich erzählte Odyssee eines verzweifelten Einzelkämpfers, der jedoch nie den Mut verliert und der auch immer wieder auf Mitmenschen trifft, die noch die Kraft und Bereitschaft haben ihm in der Not beizustehen.
Kurt Scharf, von dem die hervorragende Übersetzung stammt, liefert in einem instruktiven Nachwort (dem sich ein ausführliches Glossar anschließt) historische Hintergründe, vor allem was die damalige Feindschaft zwischen den schiitischen und sunnitischen Glaubensrichtungen betrifft.
Cheheltan selbst erklärte kürzlich bei einer Lesung aus dem Roman in Berlin, dass er wenig Hoffnung für eine baldige Veröffentlichung im Iran habe, da darin die Macht der Religion allzu kritisch dargestellt werde. Es bleibt nur die Hoffnung, dass bei den derzeitigen Fortschritten im Verhältnis zwischen Iran und dem Westen in absehbarer Zeit auch ein so kunstvoller und lesenswerter historischer Roman im Original publiziert werden kann.
VOLKER KAMINSKI
© Qantara.de 2016*
Amir Hassan Cheheltan: „Der Kalligraph von Isfahan“, Aus dem Persischen von Kurt Scharf, C.H. Beck Verlag, München 2015, 347 Seiten, ISBN 978-3-406-68345-9
*Das mehrsprachige und preisgekrönte Online-Magazin Qantara.de fördert den interkulturellen Dialog und schlägt eine seriöse und kompetente Brücke zur islamischen Welt.
Psychologisch dicht und sprachlich reich erzählt
02 February 2016Der Roman „Der Kalligraph von Isfahan“ von Amir Hassan Cheheltan beginnt mit einer Trauerfeier im heutigen Iran. Der hochbetagt verstorbene Vater hinterlässt der Familie ein Holzkästchen mit persönlichen Habseligkeiten und Urkunden. Darunter befindet sich der Stammbaum der Familie aus dem Jahre 1850. Die Neugier des Erzählers ist geweckt und er beginnt die Geschichte der Kalligraphen-Familie zu recherchieren.
Laut einer Notiz im Stammbaum, gab es eine geheimnisvolle französische Vorfahrin in der Familie. Des Rätsels Lösung: Marie Petit war Anfang des 18. Jahrhunderts Mitglied einer französischen Delegation am iranischen Hof von König Ludwig XIV. Auf dieser Reise verbrachte sie auch einige Zeit in Isfahan.
Die romantische und schicksalhafte Geschichte der Liebe von Marie Petit und dem Sohn eines iranischen Kalligraphen erfährt der Erzähler aus einem Büchlein „Eigenhändiger Bericht des Enkels des großen Kalligraphen“. Der Roman im Roman spielt im Jahr 1722 und enthält die eigentliche Geschichte: Vor den Toren der unter der Herrschaft der persischen Safawiden stehenden Metropole Isfahan lagern afghanische Stammeskrieger. Ihnen eilt der Ruf voraus, besonders fanatische und brutale Gotteskrieger zu sein. Die Stadt und ihre Bewohner sind in Angst und Schrecken versetzt. Während der blauäugige und blonde Enkel des Kalligraphen um sein Überleben kämpft, findet er im Hause seines Großvaters Hinweise auf seine Eltern, die er im Buch im Buch niederschreibt. Der Enkel des Kalligraphen ist wie alle Bewohner in einer der reichsten und prächtigsten Städte seiner Zeit eingeschlossen. Doch auch hier gehen die Nahrungsmittel irgendwann zu Ende. Danach schlachten die Einwohner alles, was vier Beine hat. Später graben sie auch die Leichen aus und plündern die toten Körper am Straßenrand.
Was macht Hunger mit Menschen? Wie unbarmherzig gehen die religiösen Fanatiker vor und wie gnadenlos setzen die Verteidiger der vermeintlich guten Ordnung ihre Ziele durch?
Das sind erschreckend zeitlose Fragen. Nicht umsonst verlegt der iranische Autor Amir Hassan Cheheltan seine Erzählung 300 Jahre zurück. Wer würde ihm im Iran von heute schon diese Fragen stellen und die brutalen Antworten geben lassen?
Psychologisch dicht und sprachlich reich erzählt Amir Hassan Cheheltan seine zeitlos gültige Geschichte.
Die Jagd nach dem Essen - und der Kunst
23 December 2015Der neue Roman des iranischen Autors Amir Hassan Cheheltan, "Der Kalligraph von Isfahan", ist in deutscher Übersetzung, aber nicht in Iran erschienen.
Was es heißt, Iraner zu sein.
10 December 2015In seinem historischen Roman „Der Kalligraph von Isfahan“ erkundet Amir Hassan Cheheltan vorsichtig die Multikulturalität seines Heimatlandes
Wenn die Afghanen kommen
03 December 2015Weltpremiere auf Deutsch für einen historischen Roman aus Iran: Amir Hassan Cheheltans „Kalligraph von Isfahan“ ist eine unheimliche Versuchsanordnung über Moral und Kultur in Zeiten der Krise.
Als persische Muslime von Paris träumten
26 November 2015Eine von Ludwig XIV. gesandte Frau befeuert im Roman „Der Kalligraph von Isfahan“ die Fantasien der Perser: Amir Hassan Cheheltan über Irans alte Liebe zu Frankreich, Wein als Zensurgrund und das Ringen um den „sanften“ Islam.
So schön wie Isfahan sei Paris, vielleicht noch schöner!, erzählen sich die Leute im Roman „Der Kalligraph von Isfahan“. Ein größeres Kompliment konnten Perser im 18. Jahrhundert einer Stadt nicht machen. Isfahan, die damalige persische Hauptstadt, war ein Prachtort. Die herrlichen Moscheen, die die Dynastie der Safawiden dort errichten ließ, kann man heute noch in der Millionenstadt bewundern. Und dennoch: Vielen Bewohnern von Isfahan gilt Paris in diesem Roman als Stadt der Träume. Und als Frau der Träume: eine ganz bestimmte Pariserin.
IS-Terroristen haben Frankreichs Hauptstadt, wie im Bekennerschreiben im Internet zu lesen war, als Hauptstadt der Dekadenz, als Sündenpfuhl angegriffen. Der grandiose iranische Romancier Amir Hassan Cheheltan erinnert in seinem historischen Roman an eine ganz andere Seite des Verhältnisses von Muslimen im Nahen Osten zu Frankreich: an die große Liebe zu diesem Land, die im Iran eine lange Tradition hat. Nur in deutscher Übersetzung ist das wunderbare, soeben im Beck Verlag erschienene Buch erhältlich. Wie bisher die meisten Werke des in Teheran lebenden Autors kann es in dessen Heimat, in seiner Muttersprache Farsi, nicht veröffentlicht werden, das verhindert die Zensur.
Die wunderschöne „Fränkin“
Die wunderschöne Pariserin, von der sich die Menschen im Roman alle möglichen Geschichten erzählen, ist auf dem „berühmtesten Stück von Isfahan“ zu sehen, dem „Teppich mit dem Bild der Fränkin“, der eine wichtige Rolle im Roman spielt. Sie heißt Marie Petit und war vor Jahren als Mitglied einer vom „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. entsandten französischen Delegation in Persien. Diese rätselhafte Frau ist, erfährt der junge Protagonist Allahyar zu seinem grenzenlosen Erstaunen, seine Mutter.
„Der Iran hatte immer eine besondere Verbindung zu Frankreich“, erzählt Cheheltan im Gespräch mit der „Presse“. „Anders als England hatte Frankreich keine kolonialistischen Ziele im Iran“. 1715 empfing Ludwig XIV., bereits todkrank, pompös den ebenfalls pompös einziehenden persischen Gesandten Mohammad Reza Beg; dieser blieb monatelang und faszinierte die Franzosen, auch die Literaten: Montesquieu zeichnete wenige Jahre nach diesem Besuch in seinen „Lettres Persanes“ („Persische Briefe“) ein satirisches Bild der französischen Gesellschaft aus der Sicht zweier Perser. Teheran wurde gern als „Paris des Nahen Ostens“ bezeichnet, auch mit politischer Konnotation. „Das erste Parlament in der Region gab es im Iran 1906, es wurde durch eine Revolution erzwungen“, erinnert Cheheltan. „1979 wurde die Monarchie gestürzt. Wir hatten mehrere Revolutionen im 20. Jahrhundert. Die iranische Literatur ist eine einzige Krisen-Erzählung.“
Cheheltan lebt in Teheran, kann aber seine Bücher dort nicht veröffentlichen. Allein schon dass der junge Allahyar, die Hauptfigur des Romans, zu Beginn heimlich bei Armeniern Wein holen geht, für die Lieblingsfrau des Schahs, geht den Zensoren zu weit. „Wenn Alkohol vorkommt, muss man diese Stellen streichen. Dabei ist die klassische persische Dichtung so voll von Wein, dass einem die Finger nass werden, wenn man das Papier berührt. Außerdem erzähle ich von Erotik, Tanz und kritisch vom Fundamentalismus, das ist alles tabu.“
Ein Perser als Symbol des sanften Islam
Das Ringen zwischen den verschiedenen Strömungen des Islam ist ein Hauptthema des Romans. „Was sich im 18. Jahrhundert im Iran abspielte, passiert jetzt in größerem Maßstab im ganzen Nahen Osten“, sagt Cheheltan. „Wir hatten immer schon gegensätzliche Kulturen innerhalb einer Religion. Der Sufismus repräsentiert die friedliche Denkweise des Iran und hat bei uns eine reiche Tradition, auch wenn sie immer wieder bekämpft wurde und derzeit wieder bekämpft wird. Die Derwische werden bei uns verfolgt, ihre Gebetshäuser und heiligen Stätten werden zerstört.“
Der berühmte Sufi-Mystiker und Dichter Rumi war ein Perser. In „Der Kalligraph von Isfahan“ besitzt die Titelfigur, Allahyars Großvater, die einzige Abschrift von Rumis Hauptwerk, „Mathnawi“. Es ist den strengen Geistlichen ebenso sehr verhasst wie der Teppich der schönen Fränkin.
Die Iraner wüssten nicht, was es heiße, Iraner zu sein, weil sie von ihrer reichen Geschichte abgeschnitten seien, heißt es im so fabelhaften wie schmerzlich zu lesenden Roman „Iranische Dämmerung“. Die ebenfalls soeben erschienene deutsche Übersetzung dieses älteren Romans ist die erste vom Autor autorisierte vollständige Ausgabe. Zwar ist er im Iran erschienen und wurde 2007 zum besten Roman des Jahres gekürt; doch Cheheltan lehnte die Auszeichnung wegen dessen Verstümmelung durch die Zensur ab.
„Ich bin nicht nationalistisch, aber der Iran ist in dieser Region einzigartig“, sagt er, „er ist das einzige Land mit einer historischen Identität.“ Die terroristischen Attentäter seien Entwurzelte. „Es ist wohl kein Zufall, dass man unter ihnen keinen Iraner findet. Weil die Kultur es ihnen nicht erlaubt.“
Auf jeden Fall verhindert sie nicht die politische Repression. Warum bleibt Cheheltan trotzdem? „Ich weiß nicht, warum ich so unglaublich an diesem Land hänge, es ist etwas Atmosphärisches. Als ich jung war, dachte ich, es sei wegen meiner Eltern. Jetzt habe ich beide Eltern verloren und merke, dass sich nichts geändert hat. Der Iran hat für mich die Gestalt eines Hauses, er ist mein Arbeitsraum, mein Schlafzimmer.“
Moralischer Verfall
31 October 2015Der iranische Autor Amir Hassan Cheheltan ist ein Romanflüchtling: Zensurbedingt findet die Weltpremiere seines jüngsten Werks auf Deutsch statt.
Unheimlich wie ein bedrohlicher Traum
27 October 2015Dieses vierte Buch von Cheheltan auf Deutsch ist ein Beispiel dafür. Der historische Roman – ein in der iranischen Literatur seltenes Genre – spielt im Jahr 1722. Es sind die letzten Monate der Herrschaft der Safawiden, die unter Shah Abbas ein Jahrhundert Isfahan zuvor zu ungekannter Blüte geführt hatten. Nun wird die Stadt von Afghanen belagert. Von den Isfahanern werden sie immer nur die "Barfüßigen" genannt: Sie erscheinen ihnen als Barbaren.