Trotz des Ausstiegs der Vereinigten Staaten aus dem Atomabkommen mit Iran, trotz des Kurssturzes der iranischen Währung auf die Hälfte ihres Wertes, trotz Preissteigerungen, Inflation und Arbeitslosigkeit, trotz Zensur und Unterdrückung erstrahlt Teherans Norden in unvermindertem Glanz. Nach wie vor kreuzen teure Autos durch den Nordteil der Stadt, den Supermärkten und Luxusläden geht die Kundschaft nicht aus, während an den Straßenrändern junge Menschen in zerlumpten Kleidern die großen Müllbehälter nach Plastikabfällen durchwühlen, um sie zwecks Wiederverwertung zu verkaufen.
Weite Teile der Gesellschaft fristen heute ohne göttlichen Beistand ihren Alltag. Es ist unwahrscheinlich, dass ihnen das angesichts der schreienden Ungerechtigkeit lange gelingen wird. Glanz und Pracht im Norden Teherans blenden die dort wohnenden Landesherrscher dermaßen, dass sie für entfernte Ecken in ihrer Stadt kein Auge haben, geschweige denn für andere Städte im Lande. Kürzlich sorgte ein Sprecher der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt mit der Meldung, die arme, ausgehungerte Bevölkerung in der südöstlichen Provinz Sistan und Belutschistan esse Katzenfleisch, in den Medien und in den sozialen Netzwerken für Wirbel. Während die Provinzverwaltung forderte, man solle gerichtlich gegen den Urheber dieser Meldung vorgehen, untermauerte der Parlamentsvertreter der Provinz sie, indem er erklärte, dass 75 Prozent der Bevölkerung Sistans und Belutschistans über ein zu geringes Einkommen verfügten, um sich angemessen ernähren zu können. Dass sie auf Katzen- oder Rabenfleisch auswichen, sei daher nicht abwegig. Ein Journalist schrieb mit unmissverständlicher Anspielung: „Die Provinz Sistan und Belutschistan ist nicht klein. Ihre Fläche entspricht der Syriens.“